Materialermüdung und Schadensvorhersage:
Materialforschung mit Antimaterie (Positronen)
Die Positronenmikrosonde (Positron Micro Probe – PMP) wurde als weltweit erste Mikrosonde mit Antimaterie im Rahmen eines Verbundprojektes zwischen der Firma Zeiss Oberkochem um dem HISKP der Universität Bonn entwickelt. Es handelt sich bei der Positronenmikrosonde um ein modifiziertes Rasterelektronenmikroskop der Firma Zeiss, bei dem man zwischen Elektronen- und Positronenmodus umschalten kann. Während eine käuflich erwerbliche Elektronenmikrosonde zur Bestimmung der ortaufgelösten Elementverteilung im Mikrometerbereich in Werkstoffen und Gesteinen eingesetzt wird, bildet die Positronenmikrosonde mit der gleichen lateralen Auflösung die Verteilung von Gitterfehlstellen wie Leerstellen, Versetzungen oder auch Ausscheidungen ab.
Seit Inbetriebnahme der ersten Version der PMP im Jahr 1997 wurden viele Untersuchungen der Materialeigenschaften von Stählen und Aluminiumlegierungen durchgeführt. Die Auswertung der gewonnenen Annihilationsspektren wird mit eigenen Softwaretools durchgeführt.
Zur Identifikation von Gitterfehlstellen bzw. Kombinationen von Gitterfehlstellen werden numerische Rechnungen mit Hilfe der Dichtefunktionaltheorie (DFT) zur Bestimmung der elektronischen Struktur durchgeführt. In einem weiteren Schritt kann man daraus die zugehörigen Annihilationsspektren berechnen und mit den experimentell erhaltenen der untersuchten Werkstoffe vergleichen.
Seit März 2012 hat die Positronenmikrosonde am Lehrstuhl für die Chemische Technologie der Materialsynthese (LCTM) in Würzburg einen neuen Standort gefunden. Der Lehrstuhlinhaber Prof. G. Sextl ist in Personalunion auch Leiter des Fraunhofer Instituts für Silicatforschung in Würzburg, so dass die Positronenmikrosonde ihre Stärken im Bereich der angewandten Forschung (industrienahe Themen) ausspielen kann.
Positronen sind die Antiteilchen der Elektronen. Treffen beide Teilchen zusammen, so zerstrahlen (annihilieren) sie unter Aussendung von γ-Quanten. Abhängig von der kinetischen Energie die beide Teilchen zusätzlich zu ihrer Ruhemasse tragen kann man Winkelabweichungen beobachten. Dies und die Tatsache, dass die Lebensdauer eines Positrons in einem Festkörper von der Dichte der Elektronen darin beeinflusst wird ermöglicht interessante Experimente. Die Experimente die am LCTM durchgeführt werden, lassen Rückschlüsse auf den Aufbau des untersuchten Materials zu.