Historisches
Eine kurze Geschichte der Chemie am Röntgenring
Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (1674-1748) war nicht nur ein beispielloser Bauherr und Wirtschaftsförderer, sondern auch ein visionärer Mensch, der sich massiv für die Naturwissenschaften und die Medizin einsetzte. Er erkannte sehr früh die Bedeutung der Chemie für die Medizin und legte in der Studienordnung der Universität Würzburg von 1734 fest, dass den Medizinstudenten auch die Chemie gezeigt werden soll. Daraufhin wurde im Juliusspital ein Saal für das Chemiestudium eingerichtet. Die ungeheure Weitsicht dieser Maßnahme wird deutlich, wenn man den Rang der Chemie zu dieser Zeit bedenkt. Im 18. Jahrhundert führte das Fach den bescheidenen Status einer unbedeutenden Hilfswissenschaft in anrüchiger Nähe zur betrügerisch-alchemischer Obskurität. Als gänzlich neue und unbekannte Profession gab es keinen klaren Begriff von der Chemie. Der Aufstieg der Chemie als wissenschaftliche, akademische Disziplin ist unaufhaltsam und dokumentiert sich mit der Berufung von Johann Georg Pickel als ersten ordentlichen Professor an der Universität Würzburg im Jahre 1782. Mit der zunehmenden Bedeutung der Chemie wachsen die Aufgaben des Faches in der Lehre. Im Jahre 1836 wurde daher neben dem Lehrstuhl für Chemie in der Philosophischen Fakultät ein zweiter Lehrstuhl in der Medizinischen Fakultät eingerichtet. Aufgrund der Platznot im Medizinischen Kollegienhaus hinter dem Juliusspital wird im Jahr 1865 das Chemische Institut in der Maxstrasse 4 eröffnet, das Platz hatte für 103 Praktikanten, 6 Assistenten, eine Privatdozenten und 2 Professoren. Aber auch dieses Gebäude sollte nicht lange den stetig steigenden Ansprüchen der jungen Disziplin genügen.
Professor Emil Fischer, der von 1885 bis 1892 in Würzburg wirkte, klagte über den Platzmangel und die schlechte Ausstattung, sodass 1892 ein Neubau genehmigt wurde. Emil Fischer erarbeitet den Entwurf für das neue Gebäude, zog aber im selben Jahr an seine neue Wirkungsstätte nach Berlin.
Sein Nachfolger, Professor Hantzsch, übernahm die Umsetzung Fischers Pläne des neuen Chemischen Instituts, das am Röntgenring 11 errichtet wurde. Das neue Gebäude, dass 1896 in einem Festakt eröffnet wurde, galt als eines der am besten ausgerüsteten Institute in Deutschland. Zu dem Gebäude gehören ein großer Hörsaal und ein dreistöckiges Wohngebäude für den Institutsvorstand und den Hausmeister. Das Gebäude übersteht als eines der wenigen die Brandnacht vom 16. März 1945. Das Grasdach auf dem Gebäude verhinderte schlimmeres. Mit der Erschließung des Hublands als neuen Campus zieht die Chemie ab 1965 an den Stadtrand. Damit endet fürs Erste die Geschichte der Chemie am Röntgenring. Mit der Einrichtung des Lehrstuhls für Chemische Technologie der Materialsynthese und des Studiengangs Technologie der Funktionswerkstoffe beginnt im Jahre 2006 ein neues Kapitel der Chemie am Röntgenring.