Instituts-Geschichte
Die Geschichte des Institutes für Anorganischen Chemie in Würzburg
Im Jahre 1903 wurde Wilhelm Manchot (1869-1945) als ao. Professor für Anorganische und Analytische Chemie nach Würzburg berufen. In Würzburg untersuchte er elf Jahre die Vorgänge bei der Autoxidation und Aktivierung des Sauerstoffs bevor er an die Technische Hochschule nach München wechselte.
Sein Nachfolger wurde Bruno Emmert (1880-1967), der ein sehr breites Feld abdeckte. Er beschäftigte sich unter anderem mit Metallkomplexen des Eisens(II) und mit vielfältigen synthetischen Problemen der organischen Chemie.
Max Schmidt (1925-2002) wurde 1965 erster ordentlicher Professor für Anorganische Chemie und plante den Institutsneubau am Hubland mit. Er studierte und habilitierte an der LMU München. Während seiner Habilitation beschäftigte er sich mit Arbeiten über eine neue Klasse von Schwefelsäuren. Seitdem ist sein Name eng mit dem Element Schwefel verbunden. An der Universität Würzburg arbeitete er an der gezielten Synthese neuer Schwefelmodifikationen mit gerader und ungerader Gliederzahl. Er isolierte die gemischten Schwefel-Selen-Achtringe und metallhaltige Schwefelringe. Er war auch an der Anwendung seiner Forschungsergebnisse interessiert und beteiligte sich an dem Problem der Entfernung von SO2 aus Rauchgasen.
1969 wurde in Würzburg der zweite Lehrstuhl für Anorganische Chemie eingerichtet, den der ab 1965 nach Würzburg berufene Hubert Schmidbaur (geb. 1934) besetzte. Herr Schmidbaur war bis zum Wintersemester 1973/1974 Inhaber dieses Lehrstuhls.
Schmidbauers Nachfolger Helmut Werner (geb. 1934) besetzte von 1975 bis 2002 den Lehrstuhl. Hier beschäftigte er sich mit der Synthese des ersten Borazol-Übergangsmetall- und des ersten Tripeldeckersandwich-Komplexes, von zuvor nicht bekannten Metall-basischen Halbsandwichverbindungen und homologer Reihen quadratisch-planarer Metallacumulene. Werner ist zudem bekannt für die Entdeckung einer neuen Klasse von Phosphan-, Arsan- und Stiban- Komplexen mit brückenbildenden ER3-Liganden.
Der Schüler von Schmidt, Markus Wieber (1936-2016), blieb der Universität Würzburg treu und wurde 1966 zum Universitätsdozenten, 1967 zum wissenschaftlichen Rat und Professor ernannt. Bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1999 forschte er an Organometallkomplexen der Elemente der Gruppe 13-16. Auch Organoelementheterocylen, zu denen Fünfringe des Germaniums und Siliciums, sowie Vier- und Fünfringe des Phosphors und dessen Homologen zählen, gehörten zu seinen wissenschaftlichen Arbeiten.
Als Nachfolger von Wieber folgte Martin Kaupp (geb. 1962), der in der Theoretischen Chemie tätig war. Ihm gelang es einen neuen Lehrstuhl für Theoretische Chemie in Würzburg aufzubauen. Dieser Lehrstuhl befindet sich heute am Campus Nord. Bis zu seiner Berufung 2010 nach Berlin trug er mit seinen quantenchemischen Rechnungen für mehrere Arbeitskreise in Würzburg zur Verknüpfung von experimentellen Arbeiten und dessen Berechnungen zum besseren Verständnis bei.
Gleichzeitig waren Wolfgang Malisch (geb. 1934) und Wolfdieter A. Schenk (geb. 1944) Professoren für Anorganische Chemie in Würzburg. Wolfgang Malisch, der ein Doktorand von Schmidbaur gewesen war, setzte seine Schwerpunkte auf Metallasilanole und Metallsiloxane der Chrom- und Eisentriade, sowie auf Phosphanido-, Phosphenium- und Phosphinidenkomplexe.
Wolfdieter A. Schenk war seit seiner Habilitation in Würzburg im Jahre 1980 Privatdozent. Zum wissenschaftlichen Rat und Professor wurde er 1984 ernannt. Seine Forschung stützte er auf die Koordinationschemie kleiner, schwefelhaltiger Moleküle und dessen Oxide. Er zeigte, dass Thioaldehyde mit Thioketonen stereoselektive Cycloadditionsreaktionen mit Diolefinen und Enonen eingehen und SO3 mit Übergangsmetallen einen MOS-Dreiring bildet.
Im Jahre 1982 kam Ulrich Schubert (geb. 1946) nach Würzburg und konnte seine Erfahrung auf dem Gebiet der Einkristallstukturanalyse mitbringen. Er übernahm auch zwischenzeitlich die Leitung des Frauenhofer-Institutes für Silicatforschung. 1994 nahm er einen Ruf an die TU Wien an und sein Nachfolger wurde 1996 Dietmar Stalke (geb. 1958). Dieser war bis 2005 am Institut für Anorganische Chemie. Besonders hervorzuheben sind seine Arbeiten auf dem Gebiet der Kristallographie.
Nach Dietmar Stalke kam 2006 mit Sanjay Mathur (geb. 1968) für zwei Jahre der erste Festkörperchemiker an das Institut.
1995 wurde Reinhold Tacke (geb. 1949) nach der Emeritierung Schmidts nach Würzburg berufen. Er besetzte den ersten Lehrstuhl für Anorganische Chemie. Sein wissenschaftlicher Schwerpunkt lag auf dem Element Silicium. Seine Arbeiten beschäftigten sich mit neuen höherkoordinierten Siliciumverbindungen, Silicium-Schutzgruppen und Explosivstoffen. Gemeinsam mit der Industrie entwickelte er neue siliciumhaltige Pharmaka und Riechstoffe.
Den zweiten Lehrstuhl am Institut besetzte ab 2002 Holger Braunschweig (geb. 1961). Er brachte die Borchemie nach Würzburg. Im Fokus seiner Arbeiten stehen die Übergangsmetallchemie des Bors, borhaltige Heterocyclen und Bor-Bor-Mehrfachbindungssysteme. Für seine Arbeit erhielt Holger Braunschweig 2008 den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis.
Im Jahre 2012 trat Todd B. Marder (geb. 1955) die vorgezogene Nachfolge von Reinhold Tacke an. Sein Schwerpunkt liegt auf der Organometall- und Borchemie. Er beschäftigt sich hierbei mit Metall-katalysierten Borylierungsreaktionen, sowie der Synthese und Reaktivität von Diboran(4)- Verbindungen.
Udo Radius (geb. 1965), der 1994 bei Werner in Würzburg promovierte, erhielt 2009 einen Ruf nach Würzburg. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Aktivierung reaktionsträger Element-Element-Bindungen (C-F und C-N), quantenchemischen und experimentellen Studien zum Mechanismus der Bildung koordinierter P2-Einheiten, sowie auf Untersuchungen zum katalytischen Si-H/D Austausch mit Carbennickelkomplexen.
Die Nachfolge von Mathur trat der Festkörperchemiker Klaus Müller-Buschbaum (geb. 1968) an. Er beschäftigt sich insbesondere mit multifunktionellen Metal-Organic Frameworks (MOFs), sowie eindimensionalen und schichtartigen Koordinationspolymeren.
Maik Finze (geb. 1975) wurde 2011 zum Nachfolger von Schenk an das Institut berufen. Wichtige Themen seiner Forschungsarbeit sind die Fluorierung und Elektrofluorierung von Hauptgruppenelementverbindungen, sowie die Herstellung neuer niedrigviskoser ionischer Flüssigkeiten. Ein weiterer Fokus liegt auf der Synthese substituierter Borcluster und einfacher Boratanionen. Im Mai 2016 übernahm er die Leitung des neu geschaffenen dritten Lehrstuhls am Institut.
Als Nachfolger von Kaupp kam mit Ulrich Schatzschneider (geb. 1971) der erste Bioanorganiker nach Würzburg. Er beschäftigt sich mit der Darstellung von geladenen Carbenrhodium- und Carbeniridiumkomplexen und untersucht ihre biologische Aktivität gegenüber pathogenen Mikroorganismen und Krebszellen. Ein weiter Forschungsschwerpunkt liegt auf der photoaktivierenden biologischen Aktivität von Übergangsmetallverbindungen als „CO-releasing molecules“.
Im Jahr 2011 begann Viktoria H. Gessner (geb. 1982) ihre Arbeit als Habilitandin am Institut. Ihr Schwerpunkt lag auf der Synthese und Struktur Methanid-basierter Carbenkomplexe und Lithiumcarbenoide, sowie der Chemie von element- und metallorganischen Verbindungen der s-Block Elemente. Im Sommer 2015 schloss sie ihre Habilitation ab und folgte ein Jahr später einem Ruf an die Ruhr-Universität Bochum.
Andreas Steffen begann 2010 zunächst seine eigenständigen Arbeiten an der WWU Münster, ehe er sich 2011 der Arbeitsgruppe von Prof. T. Marder am Institut für Anorganische Chemie anschloss. 2013 erfolgte seine Ernennung zum Emil-Fischer-Fellow. Seine Forschungsinteressen liegen auf dem auf dem Gebiet lumineszenter Übergangs-metallkomplexe. 2017 schloss er seine Habilitation erfolgreich ab und erhielt die Lehrbefugnis im Fach Anorganische Chemie. Im September 2018 folgte er einem Ruf auf eine W-3 Professur an die Technische Universität Dortmund.
Im September 2018 erfolgte nach dreijähriger Bauzeit die Inbetriebnahme des Insituts-Neubaus C-2. Auf 4.100 qm Hauptnutzfläche finden die Wissenschaflter eine modern ausgestattete Infrastruktur für Forschung und Lehre vor.
Im August 2019 wurde Prof. Holger Helten auf eine Heisenberg Professur am Institut für Anorganische Chemie berufen. Seine Forschungsaktivitäten konzentrieren sich auf die Entwicklung neuartiger Polymere und molekularer Materialien, die sowohl organische als auch anorganische Baugruppen enthalten. Mit diesem Konzept gelingt der Aufbau von Systemen deren spezielle Eigenschaften und Funktionalitäten mit rein organischen Verbindungen nicht realisiert werden können.
Bereits ein Jahr später nahm Frau Agnieszka Nowak-Król den Ruf auf eine W1-Tenure-Track Professur am Institut für Anorganische Chemie an. Die Gruppe von Frau Prof. Nowak-Król beschäftigt sich mit der Entwicklung effizienter Synthesemethoden zur Darstellung komplexer konjugierten Systemen sowie niedrigviskoser, nichtflüchtiger organischer Farbstoffe mit maßgeschneiderten photophysikalischen Eigenschaften. 2024 erfolgte schließlich nach erfolgreichem Abschluss des Tenure-Track-Verfahrens die Berufung auf eine W2-Professur für Anorganische Chemie Bor-haltiger Funktionsmaterialien
Nach erfolgter Um-Habilitation wurde Frau Dr. Alexandra Friedrich im August 2021 zur Privatdozentin ernannt. Alexandra Friedrich ist seit 2015 am Institut für Anorganische Chemie tätig und hat sich 2017 im Fach Mineralogie an der Goethe-Universität Frankfurt habilitiert. Ihr Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Gebiet der Strukturkristallographie. Insbesondere befasst sie sich mit den druckinduzierten Änderungen von intermolekularen Wechselwirkungen bis hin zur Polymerisierung für die Herstellung von neuen Kohlenstoff-basierten Nanomaterialien, sowie mit der zeitaufgelösten Änderung der Kristallstruktur von lumineszierenden Molekülverbindungen im angeregten Zustand.
Ebenfalls im Jahr 2021 konnte Cristpin Lichtenberg seine Habilitation im Fach Anorganische Chemie an der Universität Würzburg abschließen. Er trat kurz darauf im Oktober 2021 eine Professur für Anorganische Chemie an der Universität Marburg an. Seine Arbeitsgruppe beschäftigt sich vorrangig mit Komplexverbindungen der Hauptgruppenmetalle. Im Fokus stehen kationische Spezies, Radikale und Biradikale des Bismut sowie Verbindungen mit redoxaktiven Liganden. Anwendungsfelder sind z. B. C–H-Aktivierung, Dehydrokupplung und die Aktivierung kleiner Moleküle.
Ein Meilenstein in der Institutsgeschichte stellt die Inbetriebnahme des Forschungsneubaus Institut für Nachhaltige Chemie und Katalyse mit Bor dar. Nach nur knapp dreijähriger Bauzeit wurde das Gebäude, das organisatorisch dem Institut für Anorganische Chemie zugeordnet ist am 07.12.2021 zur Nutzung freigegeben. Das Gebäude beherbergt auf 1300 qm Hauptnutzfläche modernste anorganisch chemische Forschungslaboratorien.
Mit einer Neuberufung begann das Jahr 2022. Am 15.01.2022 hat Prof. Dr. Qing Ye eine W-2 Professur für Anorganische Chemie an der Universität Würzburg angetreten. Prof Qing war von 2017 bis 2021 am Dr. Qing Ye als Associate Professor an der South University of Science and Technology of China tätig. Seine Forschungsinteressen liegen auf der Synthese und Charakterisierung von Metallaboraarenen, der Entwicklung von Borcluster-funktionalisierten Lewis-Supersäuren und deren Anwendung in der Katalyse und in optoelektronischen Materialien, sowie auf der Entwicklung neuartiger Bor-zentrierter Liganden.
Im Rahmen des Open-Topic-Juniorprofessuren-Programms der Universität Würzburg wurde zum 01.08.2023 Prof. Gabriele Hierlmeier an das Institut für Anorganische Chemie berufen. Gabriele Hierlmeier beschäftigt sich mit metallorganischer Chemie zur Entwicklung und Untersuchung von Methoden mit Relevanz für Synthese und Katalyse. Ein Fokus der geplanten Arbeit liegt auf dem rationalen Design von Liganden und Katalysatoren durch mechanistische Studien.
Am 15.07.2024 wurde Frau Prof. Katja Weirauch auf die Professur für Didaktik der Chemie am Institut für Anorganische Chemie berufen. Sie tritt die Nachfolge von Prof. Ekkehard Geidel an, der seit 2009 die Professur innehatte und zum WS23/24 in den Ruhestand trat. Ihre Forschungsinteressen verorten sich im Bereich der Context-based science education (CBSE) und liegen auf innovationsdidaktischen Ansätzen für Wissenschaftspropädeutik einerseits und Lehr-Lern-Forschung für inklusiven Unterricht andererseits.