2D-Spektroskopie
Die optische Spektroskopie im Allgemeinen erlaubt Einblicke in die Struktur von Stoffen auf atomarer Ebene. Während man mit linearer Spektroskopie jedoch vorwiegend statische Zustände beobachtet, sind nichtlineare, zeitaufgelöste Methoden geeignet, um dynamische Vorgänge zu untersuchen. Dennoch sind klassische, etablierte Techniken wie die transiente Absorptionsspektroskopie auf die Messung quantenmechanischer Populationen beschränkt, und die eigentliche Ursache für jegliche zeitlichen Änderungen – nämlich die Kopplungen zwischen den quantenmechanischen Zuständen – sind nicht direkt zugänglich. Dieses Defizit behebt die so genannte kohärente zweidimensionale (2D) Spektroskopie. Durch systematische Variation der Zeitverzögerungen zwischen drei anregenden Laserimpulsen und vollständige Vermessung der nichtlinearen optischen Antwort erhält man auch die erwähnten Kopplungen und kann damit beispielsweise Energietransferprozesse in komplexen Systemen mit Nanometer räumlicher und Femtosekunden zeitlicher Auflösung bestimmen.
Die Ergebnisse einer solchen Messung werden zu intuitiv verständlichen 2D-Spektren aufbereitet. In dieser Darstellung wird die Emissionsfrequenz des Systems gegen die ursprüngliche Anregungsfrequenz aufgetragen, so dass Kopplungen und Transfer zwischen einzelnen Energieniveaus unmittelbar als Crosspeaks, also Intensitäten neben der Diagonalachse des Spektrums, erscheinen (siehe schematische Abbildung rechts). So konnte zum Beispiel der Energietransfer im Lichtsammelkomplex FMO nach Absorption eines Photons mit einer räumlich-zeitlichen Auflösung von Nanometern und Femtosekunden aufgeklärt werden (siehe Abbildung). Dabei wird die Energieleiter der exzitonischen Zustände nicht sequentiell durchlaufen, sondern der Transfer folgt dem besten quantenmechanischen Überlapp der Zustände [1]. Mit der 2D-Spektroskopie erhält man die vollständige spektroskopische Information bis zur dritten Ordnung; alle konventionellen Spektroskopietechniken (transiente Absorption etc.) sind damit automatisch eingeschlossen. Der sichtbare Spektralbereich (500 nm - 750 nm) ist dabei besonders interessant, denn die Absorptionen von biologischen Systemen, organischen Solarzellen, natürlichen und künstlichen Photosynthesekomplexen, Quantenpunktensystemen, Farbstoffkomplexen, aggregierten π-Komplexen etc. liegen in diesem Spektralbereich.
In unserer Forschungsgruppe wurde eine Reihe neuartiger Varianten der 2D-Spektroskopie im sichtbaren Spektralbereich implementiert, mit welchen spezielle dynamische Prozesse wie zum Beispiel photochemische Reaktionen untersucht werden können [2]. Durch das Hinzufügen weiterer Anregungspulse lassen sich dabei auch dreidimensionale Spektren erzeugen, welche aufgrund ihrer höheren spektralen Auflösung weitere Details erfassen können.
Wir haben außerdem eine spezielle Methode entwickelt, mit welcher man die Annihilierung zweier elektronischer Anregungen in molekularen Systemen direkt sichtbar machen kann. Aus den daraus erhaltenen Daten lässt sich ebenso der Charakter des Energietransports ableiten [3]. Ferner haben wir mehrdimensionale Spektroskopie-Methoden mit Schuss-zu-Schuss-Detektion von Fluoreszenz in der flüssigen Phase [4], von Photoelektronen aus festphasigen Oberflächen und von Ionen in der Gasphase implementiert [5]. Mit all diesen Werkzeugen gehen wir Fragestellungen nach, deren Beantwortung nicht nur aus Sicht der Grundlagenforschung sondern auch für die Entwicklung neuer effizienter Materialien relevant sind.
Referenzen
[1] | T. Brixner, J. Stenger, H. M. Vaswani, M. Cho, R. E. Blankenship und G. R. Fleming, Hier wurde der Mechanismus des Energietransfers im Fenna-Matthews-Olson-Komplex mit Hilfe der 2D-Spektroskopie rekonstruiert. |
[2] | P. Nuernberger, S. Ruetzel und T. Brixner, |
[3] | J. Dostál, F. Fennel, F. Koch, S. Herbst, F. Würthner und T. Brixner, |
[4] | S. Mueller, J. Lüttig, P. Malý, L. Ji, J. Han, M. Moos, T. B. Marder, U. H. F. Bunz, A. Dreuw, C. Lambert und T. Brixner, |
[5] | S. Roeding und T. Brixner, |