Ultraschnelle Mikro- und Nanospektroskopie
Die optischen Eigenschaften und dynamischen Prozesse von mehr oder weniger isolierten Molekülen, so wie man sie in der Flüssig- oder Gasphase untersucht, können sich grundlegend verändern oder sogar gezielt manipuliert werden, wenn diese Moleküle auf Oberflächen aufgebracht oder an Nanostrukturen funktionalisiert werden. Im speziellen spielen molekulare Oberflächensysteme aufgrund ihrer flexiblen Struktur und kostengünstige Fertigung eine wichtige Rolle in der Entwicklung optoelektronischer Bauteile, wie z.B. Smartphone-Displays und Photovoltaikmodule. Ziel der Manipulation ist dabei die Kontrolle der elektronischen Anregung des molekularen Systems, die im Teilchenbild als Exziton bezeichnet wird und das z.B. für den Ladungstransport wichtige Elektron trägt. Durch die Anbindung von Molekülen und anderer Quantensysteme an spezielle Nanostrukturen kann die Wechselwirkung von Licht und Materie sogar so verstärkt werden, dass die einzelnen Teilchenanregungen beider Teilsysteme, also Photon und Exziton, miteinander zu einem neuen Teilchen, dem Exziton-Polariton, „verschmelzen“. Die Vereinigung der charakteristischen Eigenschaften beider Welten ist nicht nur aus technologischer Sicht interessant, um z.B. elektronische Anregung mit Lichtgeschwindigkeit in einem System zu verteilen, sondern auch auf fundamentaler Ebene im Rahmen der Quantenoptik und der damit verbundenen Entwicklung von Quantentechnologien auf der Größe der einzelnen Bausteine von Computerchips.
In unserer Forschungsgruppe verbinden wir die von uns mitentwickelten Methoden zur Untersuchung der Femtosekunden-zeitaufgelösten Dynamik von Quantensystemen, wie z.B. Pump–Probe-Spektroskopie und 2D Spektroskopie, mit Methoden der Mikroskopie. Durch die damit erhaltene räumliche Auflösung können wir gezielt die Heterogenität von ausgedehnten Oberflächensystemen untersuchen [1] und sogar die Quantendynamik einzelner Moleküle auf Oberflächen untersuchen [2].
Wir verwenden dabei nicht nur konfokale, selbstgebaute Lichtmikroskope, mit denen wir die vom System nach der Anregung emittierten Fluoreszenzphotonen detektieren, sondern auch ein Photoelektronenmikroskop. Die Verwendung von photoemittierten Elektronen, deren de Broglie Wellenlänge von ca. einem Nanometer um Größenordnungen kleiner ist als die optische Wellenlänge von Photonen, erlaubt es uns eine räumliche Auflösung weit jenseits des optischen Beugungslimits zu erreichen, bis runter zu ~3 nm. Zusammen mit der zeitlichen Auflösung im Femtosekundenbereich können wir sowohl räumliche Abweichungen der Lebenszeit von exzitonischen Anregungen in optoelektronischen 2D-Materialien sichtbar machen [3] als auch kleinste zeitliche Abweichungen in der Dynamik des an metallischen Nanoresonatoren lokalisierten Nahfelds, sogenannte Oberflächenplasmonen, detektieren [4]. In der Kombination mit 2D Spektroskopie war es uns sogar erstmals möglich ein Quantenwellenpacket dieser Nahfeldanregungen nachzuweisen [5].
Die von uns in diesem Forschungsbereich entwickelten Methoden zielen darauf ab, Zugang sowohl zur räumlichen als auch zur zeitlichen Komponente des durch Ψ(r,t) beschriebenen Quantensystemen zu bekommen, ganz gleich ob es um die Beantwortung fundamentaler Fragen oder um die Unterstützung der Entwicklung neuer optoelektronischer Bauteile geht.
Referenzen
[1] | S. Goetz, D. Li, V. Kolb, J. Pflaum und T. Brixner, Hier haben wir fluoreszenzdetektierte 2D-Spekroskopie und optische Mikroskopie mit hoher numerischer Apertur (NA = 1,4) kombiniert, um so Zugang zur vollständigen Ein-Teilchen-Dynamik innerhalb von Submikronbereichen eines nanostrukturierten polykristallinen Dünnfilms aus fluoriertem Zinkphthalocyanin (F16ZnPc) zu erhalten. |
[2] | D. Fersch, P. Malý, J. Rühe, V. Lisinetskii, M. Hensen, F. Würthner und T. Brixner Single-Molecule Ultrafast Fluorescence-Detected Pump–Probe Microscopy |
[3] | B. Huber, S. Pres, E. Wittmann, L. Dietrich, J. Lüttig, D. Fersch, E. Krauss, D. Friedrich, J. Kern, V. Lisinetskii, M. Hensen, B. Hecht, R. Bratschitsch, E. Riedle und T. Brixner, In dieser Publikation stellen wir unseren Aufbau für zeitaufgelöste Photoemissionselektronenmikroskopie mit Aberrationskorrektur vor, der eine räumliche Auflösung von ~3 nm und eine zeitliche Auflösung von unter 20 fs ermöglicht. Unter anderem demonstrieren wir die Weitfeldmethode an einer WSe2-Monolage, bei der wir mittels Pump–Probe Spektroskopie die lokale Lebenszeit von angeregten Exzitonen ortsaufgelöst auf der Nanoskala sichtbar machen können. |
[4] | M. Hensen, B. Huber, D. Friedrich, E. Krauss, S. Pres, P. Grimm, D. Fersch, J. Lüttig, V. Lisinetskii, B. Hecht und T. Brixner, Plasmonische Nanoresonatoren ermöglichen die intensive Konzentration von Licht in der für die jeweilige Mode charakteristischen Verteilung sogenannter "Hot Spots", die zur gezielten Wechselwirkung mit Quantensystemen genutzt werden können. In dieser Arbeit zeigen wir, dass wir sub-Femtosekunden Unterschiede in der zeitlichen Entwicklung dieser Felder auf räumlichen Skalen von ~20 nm detektieren können. |
[5] | S. Pres, B. Huber, M. Hensen, D. Fersch, E. Schatz, D. Friedrich, V. Lisinetskii, R. Pompe, B. Hecht, W. Pfeiffer und T. Brixner, Die Besonderheit von Quantensystemen wie Molekülen und Quantenpunkten besteht darin, dass ihr durch die Wellenfunktion beschriebener Zustand ein Überlagerungszustand vieler möglicher Eigenzustände des Systems ist, der z. B. in der Quanteninformation ausgenutzt werden kann. In dieser Arbeit konnten wir solche quantenmechanischen Überlagerungszustände auch für Oberflächenplasmonen nachweisen, deren Nahfeld zudem in einem Nanoresonator unterhalb des optischen Beugungslimits lokalisiert ist. |